Muskelpflege statt Figurtraining
Krafttraining ist für den Muskelerhalt unverzichtbar. Trotzdem haften ihm immer noch Vorurteile aus Zeiten Arnold Schwarzeneggers an, weil Muskeltraining in den Medien oft plakativ und einseitig mit Figurtraining und Bodybuilding gleichgesetzt wird. Dabei steckt so viel mehr dahinter.

«Eine gut trainierte Muskulatur ist der Schlüssel zur Gesundheit. Sie beeinflusst nicht nur unsere Bewegungen und unsere Körperhaltung, sondern auch den Stoffwechsel, das Immunsystem und vieles mehr.»
Schauen wir zunächst auf den Nutzen eines gesundheitsorientierten Krafttrainings. Die Kraft im Allgemeinen, die wir benötigen, ist eine «funktionelle Kraft», das heisst, sie erfüllt eine Funktion. Es kann die Kraft sein, die eine ältere Person beispielsweise beim Treppensteigen benötigt. Es kann die Kraft sein, mit der wir ganz alltägliche Arbeiten im Haushalt bewältigen. Es kann auch die Kraft sein, die für ein bestimmtes Hobby wie Velofahren, Tennis spielen oder Wandern nötig ist. Funktionelles Krafttraining hat also nichts mit Figurtraining zu tun, bei dem es ausschliesslich um das äussere Erscheinungsbild geht.
Da alle Menschen dem natürlichen Alterungsprozess unterliegen, verlieren wir mit zunehmendem Alter an Muskelmasse. Studien zeigen, dass dieser Muskelverlust bei inaktiven Menschen bereits mit dem 30. Lebensjahr beginnt! Aber Achtung: 50 Prozent des Muskelverlustes ist eben nicht durch hormonelle Änderungen im Alter bedingt, sondern durch Inaktivität. Dazu kommt, dass die technische und digitale Entwicklung in der modernen Gesellschaft uns im Alltag fast jede körperliche Anstrengung abgenommen hat. Denken sie deshalb immer daran: Sitzen gefährdet Ihre Gesundheit!
Unsere Muskeln kontrahieren und stabilisieren Gelenke oder auch die Wirbelsäule. Die Fähigkeit zur muskulären Stabilisierung ist für eine optimale Körperhaltung ausschlaggebend. Eine gute Körperhaltung verhindert sowohl muskuläre Verspannungen wie auch die Belastung der Gelenkstrukturen.
Krafttraining wirkt sich nicht nur auf die Muskeln aus, sondern auch auf die dazugehörigen passiven Strukturen wie Sehnen, Bänder, Knorpel und Kochen. Auch diese werden durch das Training mit entsprechenden Widerständen belastbarer.
Der Nutzen einer trainierten Muskulatur geht aber weit über die reinen Kraftfähigkeiten hinaus. Zahlreiche Stoffwechselfunktionen werden durch die Muskulatur positiv beeinflusst. So ist zum Beispiel die sogenannte Insulinempfindlichkeit bei Personen, die regelmässiges Muskeltraining betreiben, deutlich erhöht. Die Zuckermoleküle in ihrem Blut werden besser in die Muskelzellen geschleust, wo der Zucker dann verarbeitet wird. Muskeltraining ist deshalb zur Prävention und zur Therapie von Diabetes ein verpflichtendes Trainingsmittel.

«Muskeltraining verlangt eine nach innen gerichtete Aufmerksamkeit. Bewegungswinkel, Tempo, Muskelspannung, Körperhaltung und Atmung sind für ein effektives Training nötig. Nehmen Sie sich deshalb Zeit für das Training und schalten Sie Störfaktoren aus!»

«Eine gut trainierte Muskulatur ist der Schlüssel zur Gesundheit. Sie beeinflusst nicht nur unsere Bewegungen und unsere Körperhaltung, sondern auch den Stoffwechsel, das Immunsystem und vieles mehr.»
Aktuelle Forschungen belegen, dass intensives Muskeltraining die vermehrte Produktion bestimmter Botenstoffe – sogenannte Myokine – im Muskelgewebe anregt. Diese Substanzen treten aus dem Muskel aus und wirken positiv stimulierend auf andere Organsysteme. Insbesondere das Immunsystem profitiert von einem regelmässigen Krafttraining.
Dies legt also nahe, dass wir unsere Muskulatur pflegen müssen, um von ihren zahlreichen Funktionen zu profitieren. Wir müssen ihr Sorge tragen, denn es ist durchaus berechtigt zu sagen, dass eine gut funktionierende Muskulatur die Grundlage für unsere Gesundheit ist. Aber wie geht das genau?
Damit die Muskelkraft zunimmt, müssen die Muskeln Lasten und Widerstände überwinden, die ausreichend hoch sind. Die oft empfohlenen Aktivitäten wie Schwimmen oder Wandern und ähnliche Sportarten sind deshalb für die Muskelentwicklung nicht geeignet, denn die zu überwindenden Lasten sind zu gering. Die oben beschriebenen -Effekte sind alle hinlänglich bewiesen, aber sie stellen sich erst dann ein, wenn mit einer Last trainiert wird, die bei ca. 70 Prozent der eigenen maximalen Kraftfähigkeit liegt. Am einfachsten und vor allen Dingen am sichersten ist dies mithilfe der speziellen Kraftgeräte möglich, die in Fitnesscentern zur Verfügung stehen.
Die häufige Ausrede «Krafttraining ist mir zu langweilig» ist nicht stichhaltig. Richtiges Muskeltraining ist alles andere als langweilig, denn es bedeutet in erster Linie Körperwahrnehmung. Es verlangt eine hohe nach innen gerichteter Aufmerksamkeit und die Entwicklung einer Bewegungskompetenz, um die auf den Körper einwirkenden Gewichte physiologisch richtig zu beherrschen. Achtsamkeit beim Training ist das Schlüsselwort – deshalb sollte das Handy besser in der Garderobe bleiben!
Ein guter Gesundheitscoach wird in der Lage sein, individuell angepasste Programme zu gestalten und diese vor allen Dingen häufig zu variieren. Diese Variationen zeigen sich in der Übungsauswahl, in der Trainingsmethodik und in der Trainingsintensität. Bei regelmässigem Muskeltraining sollten ca. alle 10–12 Wochen neue Reize gesetzt werden. Während der Eins-zu-Eins-Trainingstermine ist Zeit für Feedback und Motivation – Faktoren, die keines der vielen Onlineangebote ersetzen kann.